Wie sinnvoll sind Neuübersetzungen von Büchern?
Nicht nur bei literarischen Übersetzungen bemüht sich die Übersetzerin/der Übersetzer selbstverständlich zu erreichen, dass das übersetzte Werk in der Zielsprache genauso wirkt wie das Original in der Ausgangssprache. Gleichzeitig fließt in jede Übersetzung auch ein Stück weit der betreffende Übersetzer ein und selbst der Zeitgeist hat einen gewissen Einfluss auf Übersetzungen. So kommt es immer wieder vor, dass bekannte literarische Werke neu übersetzt werden.
Neuauflagen von bereits angefertigten Übersetzungen wären für Verlage günstiger als Neuübersetzungen, da der Text bereits vorliegt. Dennoch werden immer wieder neue, aktualisierte Übersetzungen literarischer Werke in Auftrag gegeben. Was sind die Gründe dafür?
Neue Übersetzungen werden aus verschiedenen Gründen angefertigt. Häufig wird angeführt, dass die Übersetzer heute originalgetreuer arbeiten würden und die Übersetzung daher angeblich genauer sei. Erstübersetzungen seien vor allem dazu geeignet, den Leser mit dem Thema und der Kultur des Textes vertraut zu machen.
Ein anderer Grund für eine Neuübersetzung kann sein, dass die alte Übersetzung vermeintlich schlecht gealtert ist. Die Sprache verändert sich, die Übersetzung ist vielleicht nicht mehr so gut verständlich oder klingt altertümlich, veraltet. Auch Rechtschreibreformen oder Ähnliches können dazu führen, dass eine Aktualisierung nicht nur der Rechtschreibung, sondern des gesamten Textes sinnvoll erscheint. Es gibt aktuell auch Neuübersetzungen von Werken, bei denen der sprachliche Ausdruck der Übersetzung vielleicht sogar als abwertend empfunden wird.
Ein gerne und oft zitiertes Beispiel ist der „Beruf“ des Vaters von Pippi Langstrumpf im Buch von Astrid Lindgrens. Aus dem schwedischen Original wurde in der deutschen Übersetzung „Negerkönig“. Was in früheren Jahren eine durchaus übliche sprachliche Bezeichnung war, ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Daher heißt Pippi Langstrumpfs Vater seit einigen Jahren in der deutschen Übersetzung „Südseekönig“.
Nicht allen Pippi-Langstrumpf-Fans gefällt diese Neuübersetzung und auch unter Literaturkritikern sind solche Neuformulierungen umstritten. In Kinderbüchern ebenso wie in Romanen etc. könnten Anmerkungen helfen, solche Sachverhalte zu verstehen und sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Dies kann auch für Werke gelten, in denen Wörter vorkommen, die heute nicht mehr bekannt oder gebräuchlich sind. Wobei man hier auch einwenden könnte, dass dies den Lesefluss und das Lesevergnügen stört. Schließlich handelt es sich hierbei ja nicht um wissenschaftliche Abhandlungen, die mit Anmerkungen und Fußnoten versehen werden.
Aber vielleicht ist es für den durchschnittlichen Leser gar nicht so wichtig, ob es sich bei einer Übersetzung um eine Neuübersetzung oder um eine Erstübersetzung handelt? Viel wichtiger ist doch, dass es sich um eine gute Übersetzung handelt. Schließlich sind es oft auch individuelle Aspekte, die dazu führen, dass eine Übersetzung als „besser“ oder „getreuer“ als eine andere bezeichnet wird. Und wenn man nicht wüsste, dass es bereits andere Übersetzungen gibt, würde man sich vermutlich in dieser Hinsicht gar keine Gedanken machen.
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