Ist die Abrechnung von Übersetzungen nach Normzeilen/Wörtern noch zeitgemäß? |
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Ein Thema, das immer wieder Anlass zu Diskussionen liefert, ist die Abrechnung einer Übersetzungsleistung.
Über viele Jahre eingebürgert hat sich in Deutschland die Abrechnung nach Normzeilen (zumeist auf der Basis von 55 Anschlägen, wobei Leerstellen mitgezählt werden). Dabei muss dem Kunden in der Regel erklärt werden, was eine Normzeile ist und was mit nur teilweise gefüllten Zeilen bzw. einzelnen Wörtern, Überschriften usw. geschieht. Außerdem muss geklärt werden, ob der Quelltext oder der Zieltext gezählt wird, was häufig einen deutlichen Unterschied bei der Berechnung der Endsumme der Übersetzung ausmacht.
In englischsprachigen Ländern, wo die Wörter gewöhnlich kürzer sind als im Deutschen, ist zumeist die Abrechnung nach Wörtern üblich. Hierbei steht man vor einem ähnlichen Aufklärungsbedarf des Kunden.
Ganz anders ist wiederum die Abrechnung literarischer Übersetzungstexte. Hier wird in der Regel die Normseite vergütet. Dabei sollte der literarische Übersetzer auch darauf achten, dass er sich für den Fall eines größeren kommerziellen Erfolgs des betreffenden Buches eine Vergütung pro verkauften Exemplar oder eine entsprechende andere Zusatzvergütung sichert.
Noch problematischer wird die Abrechnung bei Texten, die über ein besonderes Layout verfügen, das sehr zeitaufwändig in der Bearbeitung ist, oder zu Werbezwecken dienen und deshalb sehr frei übersetzt werden müssen.
Dies vorausgeschickt, mag man sich fragen, ob in Zeiten automatischer Übersetzungen im Internet die vorerwähnte Abrechnung nach Normzeilen oder Wörtern überhaupt noch zeitgemäß ist.
Ein Vorteil der traditionellen Abrechnungsmethode besteht sicherlich darin, dass sie dem Kunden gegenüber zumindest den Anschein der Nachvollziehbarkeit und Transparenz vermittelt. Man hat eine gewisse Menge an Text und zahlt dafür einen bestimmten Betrag. Der Nachteil für die Übersetzerin oder den Übersetzer besteht darin, dass hier nicht beziffert wird, wieviel Zeit tatsächlich aufgewendet wurde, etwa für zusätzliche Recherche, Formatierungsarbeit und Ähnliches. Auch die Dringlichkeit könnte ein Faktor sein, der berücksichtigt werden muss. Legt man eine Nachtschicht ein oder muss am Wochenende arbeiten, um den gewünschten Kundentermin einhalten zu können, könnte dies durchaus ein Grund für die Berechnung eines Zuschlags sein.
Der technologische Fortschritt auch auf dem Gebiet der Sprachdienstleistungen führt schon seit Jahren dazu, dass Übersetzer gezwungen sind, Nachlässe für so genannte „Matches“ von Translation-Memory-Systemen zu gewähren. Kunden möchten von Wiederholungen in Übersetzungen profitieren, obschon der komplette Kosten- und Zeitaufwand für die Anschaffung des Systems, die Einarbeitung in die Materie und die Pflege der Übersetzungssoftware beim Übersetzer liegt. Aufgrund der großen medialen Aufmerksamkeit, die der maschinellen Übersetzung aktuell zu Teil wird, sieht sich die Übersetzerin bzw. der Übersetzer von Kundenseite häufig mit der Annahme konfrontiert, man könne sich die Übersetzung „sparen“, weil die Qualität der kostenlosen Software mittlerweile ausgesprochen hoch sei. All diese Faktoren müssen berücksichtigt werden, wenn man auf dem Gebiet der Sprachdienstleistungen entscheidet, wie die Preisgestaltung aussehen soll. In vielen Fällen ist es sicherlich sinnvoll, von der bislang üblichen Berechnung nach Normzeilen oder Wörtern abzurücken und dem Kunden einen Komplettpreis anzubieten, der alle Faktoren einpreist, die vom Übersetzer geleistet werden müssen.
Entscheidend für die Akzeptanz des Kunden ist hierbei sicherlich eine transparente Auflistung und Erläuterung seitens der Übersetzerin bzw. des Übersetzers. Menschen, die nicht täglich mit Sprachdienstleistungen zu tun haben, ist häufig nicht bewusst, dass Übersetzen so viel mehr bedeutet als nur die Übertragung von Wörtern aus einer Sprache in eine andere.
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